Während der Beitrag von Christoph Schapka «Die Entwicklungsgeschichte der Glocke und Geschichte der Kirchenglocken auf den Härten» den entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund beleuchtet, möchte ich Ihnen von meinen persönlichen Erfahrungen mit den Mähringer Kirchenglocken berichten.
Im August 2001 war es soweit, der erste Besuch eines entfernten Verwandten aus Amerika war eingetroffen. Jackie Dubois und ihr Mann, Daryl Bergstrom, kamen für ein paar Tage zu Besuch. Jackies Vorfahren waren die Auswanderer Johannes Keinath und seine Frau Louisa Oberreuther aus Mähringen und Johann Heinrich Dürr aus Jettenburg.Ein wichtiger Termin auf dem Besuchsprogramm war der Besuch der Stephanskirche in Mähringen. Monika Schmid hatte mit Karl Härter alle Vorbereitungen getroffen, dass wir sowohl die Kirche von innen als auch den Glockenturm besichtigen konnten. Es war meine erste Tour auf den Glockenturm einer Kirche auf den Härten. Karl Härter verstand es den Aufstieg über die diversen Treppen mit interessanten Geschichten aus der Vergangenheit und seiner eigenen Jugend zu würzen.
Sehr groß war dann die Überraschung als uns Karl erzählte, dass zwei der Glocken aus dem 13. und 15. Jahrhundert stammen. Der Besuch war so gut terminiert, dass wir das 11:00 Uhr läuten direkt im Glockenturm erleben durften.
Als wir dann wieder im Kirchenschiff waren, bemerkte ich eine starke Veränderung in der Gemütsversfassung unseres Gastes. Jackie schien tief beeindruckt und irgendwie etwas „entrückt“. Auf meine Frage, ob es Ihr gut gehe, antwortete sie. «Sie müsse sich erst wieder sammeln, denn es gehe ihr sehr nahe in dieser Kirche zu stehen, die Ihre Vorväter auch besucht hatten, den Taufstein zu bewundern auf dem möglicherweise Johannes Keinath selbst getauft wurde und dann als Krönung die Kirchenglocke zu hören, die viele ihrer Vorfahren täglich bei der Arbeit auf dem Feld gehört hatten und Sie mittags und abends wieder nach Hause an den zum Teil kargen Essenstisch gerufen hatten».
Diese Antwort hat mich tief beeindruckt und mir eigentlich bewusst gemacht, dass diese Kirchenglocken wirklich etwas Einmaliges sind. Sie verbinden die Vergangenheit und die Gegenwart auf eine sehr besondere Weise. Wir können den Klang dieser Glocken hören, so wie unsere Vorfahren sie gehört haben. Selbst wenn es uns sonst nichts aus dieser Zeit geblieben ist, so können zumindest diese Kirchenglocken eine Verbindung herstellen.
Glocke aus dem 13. Jahrhundert
Das ist die älteste Glocke im Kreis Tübingen. Sie wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert durch einen unbekannten Glockengießer gegossen.
Die Inschrift lautet:
Ivcas macvs mathevs iohannes
Glocke aus dem 15. Jahrhundert
Diese Glocke stammt aus dem 15. Jahrhundert und wurde von Hans Eger aus Reutlingen gegossen. Es ist möglich das sie um 1455 nach dem Ende der Feindseligkeiten zwischen Hans v. Rechberg und einigen anderen schwäbischen Städten gegossen wurde. Während dieser Feindseligkeiten wurde Mähringen mehrfach angegriffen.
Die Inschrift lautet:
S LVCAS S MARCVS S MATHEVS S IOHANNES
Glocke aus dem 20. Jahrhundert
Im Jahre 1958 wurde diese Glocke ergänzt, um das Glockengeläut insgesamt zu verbessern. Erst im dritten Anlauf gelang es die richtige Harmonie der Glocken herzustellen.
Die Inschrift lautet:
DES HERRN WORT BLEIBT IN EWIGKEIT
Rüdiger Kemmler